Hausdurchsuchung: Was sind meine Rechte? Antworten von Anwalt.
Die Polizei macht eine Hausdurchsuchung. Was sind meine Rechte und was soll ich tun?
Worum geht es bei einer Hausdurchsuchung?
Bei einer Hausdurchsuchung handelt es sich um eine strafprozessuale
Zwangsmassnahme. Das bedeutet, dass ein Strafverfahren gegen Sie
eingeleitet worden ist (
BGE 141 IV 20, Erw.1.1.4). Die Hausdurchsuchung dient hauptsächlich der Sicherung von Beweisen (
Art. 196 lit. a Strafprozessordnung) und der Sicherstellung der
Anwesenheit von Personen im Strafverfahren, insbesondere der
Verhaftung von beschuldigten Personen (
Art. 196 lit. b Strafprozessordnung). Dabei dürfen Häuser,
Wohnungen und andere nicht allgemein zugängliche Räume durchsucht
werden, wenn zu vermuten ist, dass gesuchte Personen anwesend sind (
Art.
244 Abs. 2 lit. a Strafprozessordnung), Tatspuren oder zu beschlagnahmende
Gegenstände oder Vermögenswerte vorhanden sind (
Art. 244 Abs. 2 lit. b Strafprozessordnung) oder Straftaten
begangen werden (
Art. 244 Abs. 2 lit. c Strafprozessordnung).
Wieso ist die Durchsuchung angeordnet worden?
Entweder ist die Hausdurchsuchung aufgrund von (umfangreichen)
polizeilichen Vorermittlungen oder infolge eines Vorfalls, der gerade
eben stattfand, angeordnet worden. Wenn die Hausdurchsuchung aufgrund
von polizeilichen Vorermittlungen angeordnet worden ist, müssen Sie
davon ausgehen, dass ein hinreichender
Tatverdacht auf eine Straftat
besteht (
Art. 197 Abs. 1 lit. c Strafprozessordnung). Sie müssen damit
rechnen, dass die Staatsanwaltschaft und die Polizei über für Sie
belastende Informationen verfügen. Da eine Hausdurchsuchung einen
grossen Eingriff in die Privatsphäre darstellt, geht es vermutlich um
eine bedeutende Straftat (
Art. 197 Abs. 1 lit. d Strafprozessordnung). Eine
Hausdurchsuchung kann aber auch angeordnet werden, wenn keine
polizeilichen Vorermittlungen stattfanden, sondern es um eine Straftat
geht, von der die Staatsanwaltschaft und die Polizei gerade erst
erfahren haben. In solchen Fällen verfügen die Staatsanwaltschaft und
die Polizei über weniger Informationen und es ist oft umstritten, ob
überhaupt ein für die Hausdurchsuchung erforderlicher hinreichender
Tatverdacht bestanden hatte.
Wann finden Hausdurchsuchungen statt?
Es gilt zu unterscheiden, ob die Hausdurchsuchung aufgrund von
(umfangreichen) polizeilichen Vorermittlungen oder infolge einer
möglichen Straftat, von der die Staatsanwaltschaft und die Polizei
gerade erst erfahren haben, erfolgt. In ersteren Fällen ist davon
auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft und die Polizei über für Sie
belastende Informationen verfügen. Die Staatsanwaltschaft hat der
Polizei aufgrund dessen den Auftrag erteilt, bei Ihnen eine
Hausdurchsuchung durchzuführen (
Art. 312 Abs. 1 Strafprozessordnung). Die Polizeibeamte begeben
sich dazu in der Regel gegen 06.00 Uhr morgens ohne Blaulicht und
Sirenen an Ihren Wohnort und klingeln an Ihrer Haustüre. Der Zeitpunkt
der Hausdurchsuchung ist so gewählt, da Sie vermutlich zuhause sind,
Sie noch müde und überrascht sind, Sie überrumpelt werden können, die
Haustüre von sich aus aufmachen und die Polizisten ohne Weiteres
hereinlassen. Im Anschluss betritt die Polizei Ihre Räumlichkeiten und
führt die Hausdurchsuchung durch. Den Fokus legt sie auf die gemäss
dem Auftrag der Staatsanwaltschaft sicherzustellenden Beweise oder
Personen. Dazu sind je nach Vorwurf weitere
Spezialisten vor Ort, wie
Hundeführer mit Suchhunden (z.B. bei Verdacht auf
Betäubungsmitteldelikte), Kriminaltechniker zur Spurensicherung
(DNA-Spuren, Fingerabdrücke, z.B. bei Verdacht auf Vermögensdelikte),
Spezialisten für technische Geräte (z.B. Glückspielautomaten). In
letzteren Fällen finden die Hausdurchsuchungen «spontan» nach der
Kenntnisnahme der möglichen Straftat statt (z.B. Gewaltdelikte). Dies
kann zu jeder Tages- und Nachtzeit sein. Die Polizei verfügt dabei
über weniger tiefe Sachverhaltskenntnisse. Es kann sein, dass aufgrund
der Dringlichkeit keine Spezialisten aufgeboten werden können. Das
kann dazu führen, dass Ihre Räumlichkeiten gesiegelt werden, mit dem
Zweck, zu einem späteren Zeitpunkt eine zweite Hausdurchsuchung
durchzuführen.
Wie laufen Durchsuchungen von Wohnungen, Häusern oder Büros genau ab?
Die Polizisten betreten Ihre Räumlichkeiten, stellen sich vor und
weisen zu Beginn der Hausdurchsuchung den
Hausdurchsuchungsbefehl vor
(
Art.
245 Abs. 1 Strafprozessordnung). Handelt es sich um einen dringenden Fall, bei
dem die Staatsanwaltschaft und die Polizei gerade erst von einer
möglichen Straftat erfahren haben, kann eine Hausdurchsuchung mündlich
angeordnet werden (
Art. 241 Abs. 1 Strafprozessordnung). Ist Gefahr in Verzug,
kann die Polizei eine Hausdurchsuchung auch ohne Anordnung der
Staatsanwaltschaft durchführen
(Art. 241 Abs. 3 Strafprozessordnung). Die Polizei überprüft
zunächst alle Räume auf anwesende Personen. Bei den anwesenden
Personen werden die Personalien abgeklärt. Die Polizei kann
angehaltene Personen durchsuchen, namentlich um die Sicherheit von
Personen zu gewährleisten (
Art. 241 Abs. 4 Strafprozessordnung). Gleichzeitig werden alle
im Durchsuchungsbefehl genannten Räume durchsucht (
Art. 241 Abs. 1 lit. a Strafprozessordnung). Die
Staatsanwaltschaft ordnet regelmässig die Durchsuchung aller
Räumlichkeiten, inklusive Garagen, Fahrzeugen, Kellern und Estrichen
an. Dies kann unter Umständen unverhältnismässig sein (
Art. 197 Abs. 1 lit. c Strafprozessordnung). Die Polizisten
öffnen und durchsuchen mit Handschuhen und Taschenlampen alle
Behältnisse, Kleider und Dokumente. Die Vorgänge werden fotografisch
festgehalten. Anwesende Inhaberinnen und Inhaber der zu durchsuchenden
Räume haben der Hausdurchsuchung beizuwohnen. Sind sie abwesend, so
ist nach Möglichkeit ein volljähriges Familienmitglied oder eine
andere geeignete Person beizuziehen (
Art. 245 Abs. 2 Strafprozessordnung). Die Polizei kann
anwesenden Personen untersagen, sich während der Hausdurchsuchung zu
entfernen (
Art. 242 Abs. 2 Strafprozessordnung). Während der
Hausdurchsuchung stellt Ihnen die Polizei immer wieder Fragen zu
Gegenständen, zum Sachverhalt und zu Ihrer Person. Wir raten Ihnen,
dabei von Ihrem
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen (
Art. 158 Abs. 1 lit. b Strafprozessordnung). Nach Abschluss der
Hausdurchsuchung wird Ihnen eine Kopie des Vollzugsprotokolls und eine
Liste der sichergestellten Gegenstände ausgehändigt (
Art. 199 Strafprozessordnung).
Was geschieht, wenn ich der Polizei die Haustüre nicht öffne?
Wenn Sie die Haustüre nicht von sich aus öffnen, versucht die Polizei
Sie zum Öffnen der Haustüre zu bewegen, unter anderem mit der Drohung,
die Türe gewaltsam mit einer Ramme aufzuwuchten. Die
Gewaltanwendung
ist der Polizei als äusserstes Mittel zur Durchsetzung von
Zwangsmassnahmen ausdrücklich erlaubt (Art. 200 Strafprozessordnung). Regelmässig
wird die Türe jedoch nicht sofort aufgewuchtet, sondern es wird ein
Schlüsseldienst aufgeboten, der die Türe mit Hilfsmitteln
aufzuschliessen versucht. Die Ramme kann dann zum Einsatz kommen, wenn
der Schlüsseldienst die Türe, z.B. aufgrund eines innen steckenden
Hausschlüssels, nicht aufmachen kann.
Was kann ich tun, wenn die Polizei bei mir vor der Türe steht und meine Wohnung durchsuchen will?
Wenn Sie vor Ort sind, können Sie vor dem Öffnen der Haustüre
sämtliche passwortgeschützten Mobiltelefone, Tablets und Computer
abschalten. Wir gehen davon aus, dass Sie dazu genügend Zeit haben,
bevor die Polizei Ihre Haustüre aufwuchtet. Sie können den
Hausschlüssel stecken lassen, sodass der Schlüsseldienst die Haustüre
nicht sofort aufschliessen kann. Nach dem Öffnen der Haustüre können
Sie sich den Hausdurchsuchungsbefehl zeigen lassen. Dieser hat die zu
untersuchenden Personen, Räumlichkeiten, Gegenstände oder
Aufzeichnungen (
Art. 241 Abs. 1 lit. a Strafprozessordnung) und den Zweck der
Hausdurchsuch zu bezeichnen (
Art. 241 Abs. 1 lit. b Strafprozessordnung). Wenn man Ihnen
einen schriftlichen Befehl vorlegt, wissen Sie, dass Polizei und
Staatsanwaltschaft bereits einige Vorermittlungen getätigt haben,
welche wohl einen hinreichenden Tatverdacht begründet haben. Ab jetzt
muss es für Sie heissen, die
Aussage und die Mitwirkung zu verweigern,
die Siegelung zu verlangen und keine Passwörter bekannt zu geben.
Hausdurchsuchungen müssen als Zwangsmassnahmen von einem Staatsanwalt
angeordnet worden sein (
Art. 198 Abs. 1 Strafprozessordnung). Es kommt jedoch immer
wieder vor, dass Polizisten von sich aus «Hausdurchsuchungen»
durchführen, indem sie an der Haustüre klingeln und fragen, ob sie
eintreten und sich umsehen dürfen. Solche «freiwilligen»
Hausdurchsuchungen sind umstritten, unserer Ansicht nach sogar
unzulässig. Es kann aber auch sein, dass der Hausdurchsuchungsbefehl
erst mündlich angeordnet worden ist, da es sich um einen dringenden
Fall handelt (
Art. 241 Abs. 1 Strafprozessordnung). In diesem Fall liegt er
noch nicht schriftlich vor. Dennoch sollte Ihnen die Polizei zumindest
ein Formular vorhalten, worauf die mündliche Anordnung protokolliert
worden ist. Um herauszufinden, ob die Hausdurchsuchung tatsächlich von
einem Staatsanwalt angeordnet worden ist, können Sie nach dem Namen
des Staatsanwalts, der die Hausdurchsuchung angeordnet haben soll,
fragen. Zwar kann die Polizei bei Gefahr in Verzug sogar ohne Befehl
Durchsuchungen vornehmen, wobei sie die Staatsanwaltschaft jedoch
unverzüglich zu informieren hat (
Art. 241 Abs. 3). Solch Fälle kommen praktisch
nie vor, da immer Zeit ist, um den Staatsanwalt telefonisch zu
informieren.
Bei der Hausdurchsuchung selber können Sie der der Polizei klar
anzeigen, welche Räume von Ihnen bewohnt werden und welche nicht von
Ihnen bewohnt oder von Mitbewohnern mitgenutzt werden. Stellen Sie
sicher, dass Ihre diesbezüglichen Aussagen auf dem Protokoll der
Hausdurchsuchung vermerkt sind. Dies kann insbesondere auch in Bezug
auf Zufallsfunde relevant werden (
Art. 243 Strafprozessordnung). Generell raten wir Ihnen,
gegenüber der Polizei keine weiteren Aussagen zu machen, insbesondere
der Polizei
keine Einwilligungen in das Betreten von Räumen zu
erteilen,
keine Aussagen zu Fragen nach dem Besitz von Gegenständen
(z.B. Kleider, Portemonnaies, Dokumente) zu machen und keine
Passwörter bekanntzugeben. Man wird Ihnen zwar sagen, dass es nichts
bringe, verlangen Sie aber dennoch immer die
Siegelung sämtlicher
sichergestellten Unterlagen und elektronischen Geräten (
Art. 248 Strafprozessordnung). Eine Hausdurchsuchung stellt
einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre dar. Dennoch raten
wir Ihnen, sich gegenüber den Polizisten freundlich zu verhalten.
Leisten Sie keinen aktiven Widerstand (Verletzungsgefahr). Stattdessen
können Sie einen
Strafverteidiger kontaktieren. Wenn Sie nicht vor Ort
sind und darüber informiert werden, dass gerade eine Hausdurchsuchung
stattfindet, sollten Sie einen
Strafverteidiger informieren und sich
von diesem darüber beraten lassen, ob Sie noch vor Ort gehen sollen
oder nicht.
Was hat es mit den «Zufallsfunden» auf sich?
Zufällig entdeckte Spuren oder Gegenstände, die mit der abzuklärenden
Straftat nicht in Zusammenhang stehen, aber auf eine andere Straftat
hinweisen, werden sichergestellt. Die Gegenstände werden mit einem
Bericht der Verfahrensleitung übermittelt; diese entscheidet über das
weitere Vorgehen (Art. 243 Strafprozessordnung). In der Regel ist es so, dass die
Staatanwaltschaft nach dem Fund von Spuren oder Gegenständen, die mit
einer anderen Straftat in Verbindung stehen, weitere
Strafuntersuchungen eröffnet. Dazu ist sie sogar verpflichtet (
Art. 7 Abs. 1 Strafprozessordnung). In Zusammenhang mit
Zufallsfunden stellen sich immer wieder Fragen der Verwertbarkeit
dieser Funde. Wir raten Ihnen daher unbedingt, sich diesbezüglich von
einem
Strafverteidiger beraten zu lassen.
Sind Durchsuchungen des Arbeitsplatzes rechtmässig?
Durchsuchungen des Arbeitsplatzes sind grundsätzlich zulässig (
Art. 241 Abs. 1 Strafprozessordnung). Dennoch sind sie
besonders ärgerlich, da der Vorgesetzte und die Mitarbeiter Kenntnis
davon erhalten. Daher müssen die Umstände solche Durchsuchungen
gebieten. Auch wenn sich der Tatverdacht gegen Sie in der Folge nicht
erhärten sollte, können solche Durchsuchungen schwerwiegende Folgen
haben, wie Stigmatisierung, Verlust des Vertrauens des Vorgesetzten,
Mobbing. Solche Durchsuchungen sind daher unserer Ansicht nach in den
meisten Fällen unrechtmässig, da unverhältnismässig (
Art. 197 Abs. 1 lit. c Strafprozessordnung). Auch können bei
Durchsuchungen am Arbeitsplatz weitere Beschränken in Bezug auf zu
durchsuchende Gegenstände und Unterlagen gelten, insbesondere wenn Sie
einem Berufsgeheimnis wie dem Arztgeheimnis unterliegen (
Art. 264 Strafprozessordnung). Wir raten Ihnen auch bei
Durchsuchungen am Arbeitsplatz dazu, alle Unterlagen und Gegenstände
siegeln zu lassen (
Art. 248 Strafprozessordnung).
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